Ich war gestern morgen im Second-Hand-Shop.
Ja, eigentlich hätte ich es bleiben lassen sollen, mein Rücken hat es mich bereuen lassen.
Aber was ich dort gesehen habe, hat mich doch nachdenklich gemacht.
Es gibt dort z.B. eine Gruschd-Ecke mit Bildern und Bilderrahmen.
Da waren auch sehr viele Stickbilder dabei.
Da ich selber sticke, weiß ich, wieviel Zeit und Energie in so ein Stickbild fließt.
Die Dinger kosten da 2-3 Euro, je nachdem, wie gut der Rahmen ist.
Es gibt auch eine Geschirrecke.
Dort gibt es Geschirrsets für 10 Euro.
Dünnes Porzellan, teilweise mit Goldrand oder zartem Blütendekor.
Meine Mutter hat auf sowas noch monate- bis jahrelang sparen müssen und es kam nur wenn Besuch zu besonderen Anlässen da war auf den Tisch.
Und ich habe die Klagen im Ohr, dass heutzutage ja beide Eltern arbeiten müssen, damit man sich ein normales Leben noch leisten könne.
Früher habe ja der Papa alleine genug Geld verdient, um eine ganze Familie ernähren zu können.
Und man wäre ja auch einmal im Jahr in den Urlaub gefahren.
Ja, gefahren.
Mit dem Auto.
Stundenlang ohne Klimaanlage.
In einem günstigen Hotel.
Für eine Woche.
Meistens in Deutschland, nur die Reichsten konnten sich Urlaub im Ausland leisten.
Ich erinnere mich, wie das als Kind etwas ganz Besonderes war als man mal im Dorf ins Restaurant gegangen ist.
Normalerweise zu einem höheren runden Geburtstag oder einer Hochzeit/goldenen Hochzeit.
Wir haben unsere besten Kleider angezogen.
Und es gab Pommes, die gab es nur, wenn wir mal ins Restaurant gegangen sind um zu essen.
In der Realschule mussten wir im Kunstunterricht einmal Pizza malen.
Eine Klassenkameradin hat etwas gemalt, das ich noch nie gesehen habe: Oliven.
Mit 14 Jahren hatte ich noch nie in meinem Leben Oliven gesehen und wusste nicht, was das ist, weil ich noch nie in einem Restaurant eine Pizza gegessen habe.
Meine Mutter hatte bis zum Tod ein Bett, das sie sich mit ihrem ersten Gehalt gekauft hat.
Sie hatte vorher kein eigenes Bett.
Ja, klar kann man sagen, dass heutzutage die Möbel nicht mehr dieselbe Qualität haben wie früher und sie deshalb schneller kaputt gehen.
Aber wenn ich monatelang eisern spare und mir von diesem ganzen Geld ein Bett kaufe, hält das auch 100 Jahre.
Auch heutzutage gibt es noch Qualitätsmöbel.
Aber wir sind so verwöhnt von den Preisen der Billigmöbel, das wir es absurd finden, monatelang nicht essen zu gehen, uns keine Kleidung zu kaufen, fast ausschließlich Nahrung aus dem eigenen Garten zu konsumieren, keine Bücher zu kaufen, kein Spielzeug, … und von dem ganzen Geld, das wir dann erspart haben, uns ein Bett zu kaufen.
Warum sollten wir auch?
Es kommt doch sowieso weg, wenn einem das Design in 5 Jahren nicht mehr gefällt!
Ich sage auch nicht, dass ich selbst besser bin.
Ich geh gerne essen, im Schnitt essen wir einmal die Woche außer Haus.
Das ist nicht wenig, wenn ich mir meine Kindheit anschaue.
Und da ist noch nicht der Spaziergang zum Bäcker im Dorf mitgezählt, wo dann ein Kaffee geschlürft wird, einfach nur, damit man ein Ziel hat und einen Grund zum Laufen.
Auch mir gefallen manche meiner Dinge nicht mehr und ich ersetze sie durch Neues, auch wenn es nicht notwendig wäre.
Auch ich kaufe mir gerne Dekoration und nach 3-4 Jahren gefällt mir das Zeug nicht mehr und es landet im Second Hand Shop.
Aber es ist unglaublich zufriedenheitssteigernd, sich klar zu machen, in welchem Luxus man selbst lebt.
Und es bringt Sicherheit, zu wissen, dass, wenn es hart auf hart kommt, es viele Dinge gibt, die man zurückschrauben kann.
Dinge, auf die man nicht verzichten möchte, aber könnte, sollte es irgendwann notwendig sein.
Und dass man dann immer noch genug zum Leben hat.